Rossy begrüsst uns mit einem kräftigen Händedruck und strahlt über beide Backen. Sie betreibt die Finca Los Girasoles, welche auf 1562 m ü M liegt, in der dritten Generation. Die Finca hat sie nach ihrem Studium der Agrarwissenschaften von ihrem Vater übernommen.
Rossy ist gerade mal 25 Jahre alt und sprudelt vor Energie und Ideen. Sie führt die Finca ganz anders als ihr Vater. Dieser war vor allem an Volumen interessiert und verkaufte grosse Mengen an Kaffeebohnen in die ganze Welt. Rossy hingegen setzt auf Qualität und schlägt einen nachhaltigeren, ökologischeren Weg ein. Durch neue Aufbereitungsmethoden versucht sie, das Optimum aus der Bohne heraus zu holen.
Stolz zeigt mir Rossy ihre Plantage. Mir steigt ein herrlich fruchtigfrischer Duft in die Nase. Ich entdecke Bananen-, Zitronen- und Orangenbäume, Sonnenblumen und viele weitere Pflanzen, die zwischen den Kaffeesträuchern wachsen. Diese Vielfalt an Pflanzen und Tieren dient den Kaffeesträuchern als natürlichen Schutz vor Schädlingen. Die Bäume spenden den Kaffeesträuchern Schatten und bieten Nistmöglichkeiten für Bienen und andere Insekten. Ein frohes Summkonzert durchbricht die Stille des frühen Morgens. Bienen und Insekten unterstützen den Kaffeeanbau fleissig. Zwar kann sich der Kaffeestrauch selbst bestäuben, doch die Bienen und andere Insekten steigern den Ertrag um bis zu 50 Prozent. Das ist die Anbauweise, wie Rossy sie praktiziert. Im Einklang mit der Natur. Chemische Düngemittel sucht man hier vergebens. Zum Glück.
Wir binden uns Körbe um die Hüfte und gehen steil die Plantage hoch. Sorgfältig pflücken wir die sonnengereiften roten Kaffeebohnen. Am obersten Punkt der Plantage sind unsere Körbe voll. Hier steht ein kleiner Holzverschlag. Der kommt gerade richtig für eine Verschnaufpause. Rossy nimmt eine kleine Mühle zur Hand und malt frischen Kaffee. Herrlich so einen Kaffee zu degustieren, direkt von den Sträuchern, die vor einem liegen.
Am nächsten Tag fahren wir in die Aufbereitungsanlage ihres Vaters. Diese benutzen auch andere Kaffeebauern von der Umgebung, die keine eigene Aufbereitungsanlage haben. Ein Kaffeepflücker pflückt pro Tag 80 bis 130 Kilogramm Kaffeekirschen. In Säcke abgefüllt und auf Pickups gehievt, bringen sie die Arbeiter zur Anlage. Hier werden die Kaffeekirschen in grosse Betonbecken ausgeschüttet.
Der Kern der Kaffeekirsche besteht aus zwei Bohnen. Für die Reinigung und Trocknung der Bohnen gibt es verschiedene Verfahren. Bei der Aufbereitungsanlage von Rossys Vater, wendet man unter anderem die halbtrockene Aufbereitungsmethode an. Man nennt diese auch «Pulped-natural-Methode». Dabei kommen die Kirschen in den Pulper, wo das Fruchtfleisch von der Kaffeekirsche abgequetscht wird.
Nach dem Entpulpen werden die Bohnen während 2-3 Wochen zum Trocknen an die Sonne gelegt und dabei immer wieder gewendet.
Nach dieser Zeit löst man die Pergamenthaut maschinell von den Kernen. Jetzt werden die Fruchtkerne noch nach Grösse und Farbe sortiert, in 69 kg Säcke verpackt und zum Ruhen ans Lager gebracht. Einen ganzen Monat lagern die Rohbohnen hier, bis sie endlich bereit sind für ihre grosse in die ganze Welt.